Mittwoch, 6. März 2013

Eine Nacht in Frankfurt

(09/2007)

Endlich mal wieder ein Hotelzimmer, in welchem man nicht den Fernseher hört, wenn das Fenster geöffnet ist.
Pulsierendes Großstadtleben direkt vor dem Balkon: Straßenbahnen, Busse, rasende LKW, kleine Fahrzeuge, hastende Fußgänger. Gegenüber gleich der Bahnhof, untenrum ("faktisch und nicht fiktiv", danke G. K.) das Rotlichtmilljöh, durchsetzt von barfüßigen, sitzenden, babytragenden Bettlerinnen und mit nach Fusel und Urin riechenden Wohnungslosen.
Verloren scheint hier der Fremde aus Ostberlin auf der Suche nach einem schönen Abendessen mit der Option, nett beim Bier zu sitzen und weiter über Timothy Truckle zu lesen. Verloren deshalb, weil selbst bajuvarisch anmutende Bierstuben den Fokus auf eine andere Art der Kundenbetreuung legen...

Nach eineinhalb Stunden zickzackförmigen Irrwegs durch die Innenstadt (ist sie das hier wirklich?) endlich eine nette Kneipe (Verzeihung: Restaurant, Bar, Lounge) gefunden. Lebendige Rosen in der Vase, nette Atmosphäre, ein Deckenspot genau auf mein Buch gerichtet, dazu noch das "richtige" Bier.
Hier die Frage (im noch fast leeren Gastraum), ob man ja auch essen wird. Freundliche Bedienung nach Bejahen der obligaten Frage. Wie im Osten etwa?!
Nach dreißig Buchseiten und einem Liter Bier zwang der Hunger oder Appetit zum Blick in die Karte. Neben italienischen Köstlichkeiten, die sich dem kartoffelbornierten Berliner nicht so erschließen, war die Karte eher knapp gehalten. Zwischen Teigwaren und Nudelgerichten erschien allein ein Rumpsteak essbar. Alle Fans dieser Küche mögen mir nachsehen, dass ich schon immer beim Italiener Paillard ausgesucht hatte, und das konstant seit etwa 18 Jahren...
Nun ja, Schwein gab's nicht.
Leckerer Weißkäse (preiselbeergarniert) mit Weiß- und Mischbrot eröffnete das Abendessen. Dann kam das fünf Zentimeter dicke, auf Rauke gebettete Rindersteak. Unverfälscht. Saftig. Medium.
Lecker!
Nach zehn Seiten "Unterschenkel" noch ein Bier (heutzutage ohne die bei dieser Marke früher üblichen zehn Prozent Reis als Gerstenmalzersatz), Pinkeln, Aufbruch.

Der Rückweg gelang, direkt diesmal, in weniger als einer halben Stunde. Es ging vorbei an rotilluminierten Häusern, durch belebte Straßen, vorbei an überdurchschnittlich vielen "unerlaubt" geparkten schwanzverlängernden Nobelkutschen. Na klar, in diesem Viertel... Für den Besucher auch ungewohnt der Anblick der ungewöhnlich vielen schlipstragenden jungen Leute. Bankfurt?
"Mahlzeit!", wenn die die Väter der kommenden Generation werden.

Zurück im Hotel, geduscht, im Liegen noch irgendwas bis zur ersten Werbepause geschaut, abgeschaltet, ...alles abgeschaltet.
Tiefer Schlaf, ab und zu unterbrochen von extremen Krach. Blick zur Uhr: "Super! Ich kann ja noch weiterschlafen..."

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