Dienstag, 14. Februar 2017

Heimliche Gedanken?

Wer ärgert sich nicht mal, wenn jemand zu schnell durch die kleine Straße brettert? Unwillkürlich guckt man hinterher und denkt, diesem Idioten mögen doch bloß bald die Reifen zerplatzen! Oder man wünscht sich, der möge die nächste Kurve nicht mehr schaffen, oder man meint, sich vielleicht sogar an dessen ganzer Familie rächen zu müssen, falls der einem die Katze totfährt...

Ja, ich merke schon, wie Sie mir irgendwie zustimmen.
Niemand ist ja selbst ein Raser, aber man kennt jede Menge Raser. Und gerade in so einer kleinen Stadt, in der jeder jeden kennt, jeder Fremde argwöhnisch beäugt wird, recken sich immer mal wieder die Hälse, sei es eben der Raser oder der Fremde, oder - noch schlimmer - der fremde Raser.

Aber ich sage Ihnen, seien Sie nur vorsichtig mit dermaßen ungezügelten Gedanken!
Wünschen Sie dem einen oder anderen vielleicht einen Plattfuß, aber bloß nicht, dass die Reifen wegfliegen. Wünschen Sie sich lieber einen ganz flachen Straßengraben, als dicke Alleebäume.
Ja, tatsächlich!
Es passieren wohl Dinge zwischen Himmel und Erde, die nicht immer in aller Tiefe erklärbar zu sein scheinen. Jedenfalls kommt es mir so vor.

Beim Spazieren mit dem Hund sah ich in letzter Zeit immer wieder Unfälle, die ja nur wegen Raserei oder mangelnder Rücksicht zustande gekommen sein müssen, in die Autos verwickelt waren, die ich kürzlich noch durch meine Straße pfeffern sah.
Ich hab' dann angefangen, Notizen zu machen. Nein, nicht dass ich Nummernschilder notiert hätte, Zuerst jedenfalls nicht. Ich hab' mir nur ganz grob die Autos aufgeschrieben, die ich im Stillen verflucht habe. PKW rot, Lieferwagen weiß, LKW mit Möbelreklame...

Mit zunehmender Gewissheit bin ich dann natürlich ausführlicher geworden. ich wollte es nämlich ganz genau wissen.
Und jetzt weiß ich es!

Keine Ahnung, was ich machen soll, denn meine Gedanken töten. Ich kann diese auch nur schwer im Zaum halten. Das betrifft auch nicht nur den Straßenverkehr.
Ein Nachbar ist an seinem Kuchen erstickt, den er mit den bei mir geklauten Pflaumen gebacken hatte.
Der Idiot mit dem Froschtümpel, zwei Grundstücke weiter, ist Anfang Juni ausgerutscht und neben seiner quakenden Saubrut ersoffen.
Und die Bäckersfrau hat sich fast den ganzen linken Zeigefinger abgeschnitten, als sie echt winzige Stückchen aus dem Blechkuchen schneiden wollte.
Sogar den Briefträger hat es erwischt. Dieser stürzte ziemlich schwer, bestimmt weil er immer in meiner Einfahrt so heftig bremste und mir den Rasen daneben zu sehr in Mitleidenschaft zog. Oder vielleicht auch, weil er die Tageszeitung nie richtig in den Schlitz steckte?
Die schreienden Gören der Nachbarschaft haben nacheinander ihre Stimme verloren...
Was soll ich machen?

Manchmal denke ich auch, das kann jeder, nur alle anderen haben sich irgendwie besser im Griff. Ich kann nur mit niemandem darüber sprechen. Nicht ausführlich jedenfalls. Über Andeutungen hinaus bin ich für Gespräche nicht offen.
Wie machen die das alle nur?

Ich traue mich auch kaum noch ins wahre Leben hinaus, weil ich denke, dass es sogar schlimmer wird.
Einkaufen? Es nützt ja nichts, wenn es bald keine Verkäuferinnen mehr gäbe.
Die Nachbarn weiter dezimieren? Lieber nicht!

Dar Hammer kommt aber noch!
Ein Spatz fiel neulich tot vom Futterbehälter, nachdem er die Körner nur sinnlos auf dem Boden verteilte.
Eine Taube hat sich mitten auf der Terrasse "ausgekleckst", dass man sich unweigerlich wünschte, Nachbars Katze würde diese holen.
Die unordentlich verteiltenen Federn und die eine blutige Flügelspitze habe ich dann weggeräumt...

Ich habe keinen Schimmer, wie es weitergehen soll.
Vielleicht offenbare ich mich ja doch jemandem. Irgendwann. Man kennt das ja. Man hat einen Bekannten, der hat einen Freund, dem so etwas passiert... Ja, genau. So mach' ich das!
Aber erst einmal gibt es einen leckeren handgefilterten Kaffee. Nicht die billige Sorte, und frisch gemahlen.
So ein Mist!
Jetzt ist mir der Kaffeefilter umgefallen. Da soll mich doch der Blitz treffen...!

(Februar 2017)