Donnerstag, 15. Dezember 2016

WÜRZE - Vorweihnachtliche Betrachtungen zu einem Reizthema ...oder auch nicht

Jedes Rezept, sei es ein deftiges Essen, ein Dessert, ein Cocktail, lebt von Gegensätzen, die gerade auch, wenn sie sehr unerwartet daher kommen, zur geschmacklichen Aufwertung des Verkosteten führen. Nehmen Sie etwa das Wildschwein mit etwas vergorener Pfefferminzsauce, den Barriqueschinken mit Meerettich und Himbeermarmelade, die Schokolade mit Chili...

Nur leider geht es nicht darum.
Jemand beim Rentner-Facebook meinte, lass Dich doch mal über den Begriff WÜRZE aus...



WÜRZE ist etwas, womit man jede noch so misslungenen Suppe aufwerten kann: Etwas Liebstöckel, 'ne Prise Salz, eine Handvoll Glutamat - fast fertig.
Damit klappt es wohl (oder übel). Das ist quasi wie der Knoblauch, der seit Anfang der Neunzigerjahre auch östlich der Elbe plötzlich "stubenrein" wurde.

Alles, was nicht schmeckt wird schmeckend gemacht! Allergiker bleiben notfalls eben auf der Strecke, aber wer will denn nicht auf diese nörgelnde Minderheit verzichten wollen? Überhaupt wird dem modernen Kunden insgesamt sehr viel Arbeit abgenommen, in dem es neben der WÜRZE nicht nur (fertiges) Knoblauchsalz zu kaufen gibt, sondern auch Bouletten-, Schweinebraten-, Hackbraten-, Suppen- und PfefferkuchengeWÜRZ(E). Und mit diesem fast schon genialen siebenfachen "Hüftschwung" landen wir nun ganz elegant beim aktuellen, saisonalen Thema - dem Weihnachtsfest.

Natürlich gehören GeWÜRZE in die Lebkuchen und auch in manche Weihnachtskekse.
Mit einer feinen Komposition fremder und allbekannter Zutaten wird auch der GeWÜRZ(E)wein zubereitet, wobei gerade beim Letzteren die GEWÜRZ(E)zubereitung an sich dem fleischgewordenen Weihnachtswichtel quasi die Zipfelmütze aufs Haupt setzt.
...bildlich gesprochen.

Ja, bedenken Sie, dass sich allein die Paradieskörner für den Pudre Douce nicht in der Pfeffermühle zerkleinern lassen. Armkraft und Schweiß sowie ein robuster Mörser samt Pistill sind mindestens vonnöten. Zimt, brauner Zucker, Ingwer und geheime Zutaten runden das Ganze ab. Und wiederum schließt sich der Kreis zum fertigen GeWÜRZ(E), welches es also in dieser Form offensichtlich sogar schon im Mittelalter gab.

Und da unsereiner sich nun selbst ein Bein gestellt hat, beim Versuch derartige Fertigprodukte, WÜRZE nämlich, zu verdammen, bleibt eigentlich nur noch, wenigstens weitere mehr oder weniger unverzichtbare GeWÜRZE in einer Liste zusammenzutragen (z.B. Maggi-WÜRZE, StammWÜRZE, BierWÜRZE) und abschließend beeindruckt auszurufen:
"WÜRZE, sie lebe hoch!".

Und weil man ohnehin sagt, "In der Kürze liegt die WÜRZE", ist jetzt Schluss! Mit einem fast unsichtbaren Augenzwinkern: Fröhliche Weihnachten!

(Dezember 2016)