Freitag, 23. November 2012

Eins, entzwei und drei!

(1976; verspätet aufgeschrieben 11/2012)

Diese kleine Geschichte hat vielleicht überhaupt nichts mit dem zweigeteilten Berliner Blues-Band-Augenglas zu tun, aber auch in ihr - dieser kleinen Geschichte - ging irgendwann mal was entzwei.

Es geschah anno 76 an einem Sonnabend im letzten Jahrhundert in einer sehr chemikalischen Kreisstadt, zwischen Buna und Leuna gelegen. Eine Band reiste an aus der Hauptstadt zum Abendkonzert in der Ölgrube, dem Studentenkeller der THC (später THLM).

Es gab gewissermaßen Streit im Orchestergraben, bei dem auch das eine oder andere Instrument mit kläglichem Klang zu Bruch ging. Ein Tritt in die Saiten, ein Schlag aufs Palisanderholz, ein bisschen zu doll am Fell gezogen...
...und dann saßen sie alle gemeinsam auf der Treppe in die ölige Unterwelt und weinten und jammerten.
Auch ein großes Glas Sternburg half wenig, den Kummer zu vertreiben. Die Tränen versiegten erst, als der eine oder andere Spezi oder Student sein Instrument holte, um den gitarrenlosen Gitarreros auszuhelfen.

Genau so muss Blues sein!



Was soll ich Ihnen sagen? Es wurde (jedenfalls für uns Zuhörer) doch noch ein schöner Abend. Wir saßen, wie stets, in der ersten Reihe (das war der Biertisch vor der winzigen Bühne) und lauschten dem Zupfen und Klimpern und Klopfen und Singen.
Das Konzert der weit gereisten Musikanten (War es nicht deren erste weite Reise überhaupt?) gelang gut, aber womöglich hatte sich damals schon der giftige Spaltpilz eingenistet, oder aber er kam angeflogen im Dunste der Merseburger Luft, getarnt im Kalkstaub des nördlichen Karbidherstellers.
Wer weiß? Wer weiß!
Ich jedenfalls nicht.
Und ich weiß auch nicht mehr, wie der Abend ausging...

Samstag, 6. Oktober 2012

Nachts um zwei auf'm Alex

(1975; aufgeschrieben 10/2012)

Morgen ist der 7. Oktober, und da denke ich an Parade und Bratwurstbuden und Herbstsonnenschein und unsere obligatorische Radfahrt um Bötz- und Fängersee mit Abbaden. War denn jemals am 7.10. schlechtes Wetter?
Auch, wenn dieser Feiertag etwas vorverlegt wurde, sollte man sich doch an so manche alte Begebenheit hin und wieder erinnern. Und schön, wenn man darüber sogar noch schmunzeln kann.
Parallelen zu heute gibt es bestimmt nicht.
Auf keinen Fall!
Jedenfalls nicht, wenn man ans Schmunzeln denkt.

"Personenkontrolle. Ihren Personalausweis bitte!"
"Sie haben doch gesehen, dass mich gerade Ihre Kollegen kontrolliert haben..."
"Den Personalausweis bitte!"

Eine zweite Kontrolle im 50-Meter-Abstand, aber diesmal etwas weniger nett. Alles, was zwischen Ausweis und Hülle eingeklemmt war, flog in den Wind. Weg für immer, aber ich wusste damals schon nicht mehr, ob es wichtige Dinge waren. Mondos-Reklame? Adressen? Blöde Sprüche? Ein Gedicht von Franz Bartsch vielleicht, ganz klein aufgekritzelt?

"Bürscherr, was machen Sie zu dieser Zeit in Berlin, Hauptstadt der DeDeEr?"
"Ick jeh' nach Hause."
"Werden Sie nicht frech!"

Na klar, wer im Ausweis eine VIII trug, konnte ja nicht von hier sein, wusste doch sogar jeder Volkspolizist mit ausgeprägtem Dialekt.
Erklärung, dass ich ja dort hinten gleich wohne, der Ausweis ja, wie üblich, am Nebenwohnort ausgestellt worden ist und überhaupt.

Grußlos ließen mich die beiden Hauptwachtmeister ziehen.

Dienstag, 11. September 2012

+++ Telegramm einer Wiedergeburt +++

(09/2012)

Tag -3 + Fahrt nach Leipzig + Gaesteappartement + Voelkerschlachtdenkmal, danach Abendessen mit Talisker 10 + Wenn alles gut geht, wird das mit Lagavulin 16 wiederholt... +++

Tag -2 + Aufnahmeritual im schoenen Atrium: erneut zwei Kilo Papier ausgefuellt + erste Untersuchungen + Ganzkoerperrasur durch zwei Schwesternschuelerinnen +++

Tag -1 + Nahrungsabstinenz wegen der erwarteten Herzkatheteruntersuchung (HKU) + Zwanzig Uhr dann doch zwei Stullen fuer den tapferen Hungerer + Gleich danach der obligatorische Einlauf + Die HKU soll morgen unmittelbar vor der OP stattfinden +++

Tag 0 + HKU und gleich danach OP + Mehr als fuenf Stunden, statt der erwarteten drei + ITS + Haendchenhalten +++

Tag 1 + ITS + Zehn Minuten Besuch am Vormittag + Gegen Abend Verlegung zur Wachstation + Benebelt + Jemand ist da + Haendchenhalten + Eine große Uhr direkt in Blickrichtung + Gefuehlte vergangene Zeit 3 Stunden; real eine Minute... na gut fast zwei + Unbequeme Sessel mit Universalmatratze + Pinkeln immernoch ueber Katheter + Nebenan eine laute, telefonierende, unruhige Familie +++

Tag 2 + Wachstation + Total verschwollen und muede + Schmerzen bei jeder Bewegung und vor allem beim Husten + Das Atmen faellt schwer + Bewegungen ziemlich unkoordiniert + Es faellt schwer, den Mund zu treffen + Eine Stunde fuer eine halbe Stulle + Zwei Stunden Besuch vormittags, dann nachmittags und abends +++

Tag 3 + Wachstation + Kurze Gespraeche moeglich + Muede und schwach + langer Besuch +++

Tag 4 + Verlegung auf die Normalstation + Heute geht es etwas besser: nicht mehr so müde + Das Atmen faellt schwer + Erstes Aufstehen zur Toilette +++

Tag 5 + Faeden gezogen + Erstes Duschen - danach total erschoepft + Schwellungen im Gesicht, an den Lidern, sind verschwunden + Unterhaltung wieder moeglich +++

Tag 6 + Zugaenge am Hals entfernt + Zugang am Handgelenk fuer Heparin bleibt + Telemetrie entfernt + Lebensgeister wieder erwacht + Wir trinken Kaffee im Atrium + Essen schmeckt wieder + Am spaeten Nachmittag kommt ein Schulfreund + Neuzugang Mondputzer U. +++



Tag 7 + Kontrollsonografie ist nicht in Ordnung + Wasser in der Lunge und im Herzbeutel + Telemetrie wieder angebracht + Bewegungsspielraum nur im obersten Stock des Atriums + Ueber 30°C + Keine Moeglichkeit zu adaequater Koerperpflege + Diuretika verordnet +++

Tag 8 + Hitze + Viel trinken + Viel pinkeln + Telemetrie verhindert Verlassen der Station +++

Tag 9 + Immernoch Hitze + Immernoch viel trinken + Viel pinkeln +++

Tag 10 + Morgens Kontroll-Echo + Befund hat sich verschlechtert + Herzbeutelpunktion und Drainage wird vorbereitet + Es geht in den "Ruecklaeuferraum" auf der Wachstation + Trost: Notfalls ist man in zwei Minuten im OP + Beim zweiten Versuch mit der Zwoelfernadel jede Menge Schnodder abgelassen +++

Tag 11 + Wieder immobil: Pinkeln in die Ente + Aussicht, die "Flaschensammlung" (Drainage und Auffanggefaeße) morgen loszuwerden, da kaum etwas nachfließt + Unzaehlige Blutentnahmen + Abends kurzes "Abklemmen" der Geraete zur minimalisierten Koerperpflege + Das hochfrequente Zaehneputzen loest Fehlalarm aus: angeblich Herzflimmern mit 230 Herz + Das Ereignis ist zum Glueck reproduzierbar und gleichzeitig der Puls relativ normal + Nebenan sind Patienten eingezogen + Die grueßen nicht und wollen zu jeder Pille erst einmal die Rote Liste einsehen +++

Tag 12 + Vor dem Fruehstueck zur Kontrollsono + Na ja, mit Drainage geht es nicht + Fruehstueck und Ziehen der Schlaeuche + Schwaeche statt Baeumeausreißen und erst mal Schlafen statt Duschen + U. geht mit 4-5 Stunden Verspaetung zur OP + Notfaelle kamen dazwischen + Warten auf die Sono + Warten aufs Haendchenhalten + Muss viel tinken wegen Krea und bekomme zusaetzlich noch Volumenersatzbeutel angehaengt +++

Tag 13 + Es geht super! + Wir gehen spazieren rund um das Krankenhaus am Vormittag und am Nachmittag + Wieder Appetit + Das Essen schmeckt heute besonders gut + U. kommt zurueck in das zweite Zimmer im "Appartment" + Er hat alles gut ueberstanden und Gewuerzgurken aus Zschorlau sind lecker + Noch abends ziehen wir wieder zusammen + Sein Zimmergenosse hat sich verdunkelt, meiner wollte lieber alleine schlafen... +++

Tag 14 + Es geht weiter aufwaerts + Morgens Herzecho + Mittags Roentgen und EKG + Das Wetter ist angenehmer, aber noch so, dass man auf der Bank sitzen kann + Besuch zum tuerkischen Kaffee in der Gaestewohnung +++

Tag 15 + Viel gelaufen + Nachmittags Freunde aus Dresden zu Besuch + Das Laufen ist anstrengend, aber schoen, und der Kaffee dazwischen sehr lecker +++

Tag 16 + Schlecht geschlafen: Rueckenschmerzen + Haengt irgendwie mit den Betten zusammen und der Reduzierung der Schmerzmittel + Braunuele rausgerissen + Leider wird die wieder ersetzt + Lieber waere mir der Morgenpieck + M. reist heute ab und der Arzt meinte, dass es mit der Medikamenten-Einstellung noch ein paar Tage dauern duerfte + Immehin hat er die Initialdosis erhoeht +++

Tag 17 + Gut geschlafen, allerdings MIT Schmerztabletten + Visite: Abreisetermin wurde fuer den Mittwoch festgelegt + Jetzt muss nur noch der Blutwert stimmen + Immerhin hat man einen festen Termin, auf den man sich freuen kann - uebermorgen + U. darf morgen nach Hause + Abends Aue beim Sieg gegen Koeln zugeschaut +++

Tag 18 + Schmerzfreie Nacht ohne Tabletten + Lediglich eine Rueckeneinreibung gab es + Morgends duschen - ich musste nass aus dem Bad kommen, weil mir die Kondition abhanden kam + U. durfte gleich nach dem Fruehstueck abreisen + Das war irgendwie deprimierend + Spazieren gewesen, die große Runde + Wieder im Zimmer teilte die Schwester mit, dass morgen gegen 8:30 Uhr der Transport zur Reha kommt + Frohlocken +++

Tag 19 + Der Wert ist im Zielbereich und ich bekomme endlich den Dispenser abgenommen, die Flexyle gezogen + Duschen, Anziehen, Fruehstueck + Der Taxifahrer ist da, noch bevor ich den Muckefuck ausgetrunken habe + Es geht vom Herzzentrum direkt zur Reha + Lagavulin 16 muss noch drei Wochen warten +++

Samstag, 14. Juli 2012

Ehrenfriedhof

(07/1981 aus "Barfuß durch den Müll")

Er war ein bedeutender Staatsmann.
Davon kündet die Ehrenwache vor seinem Grab.
Prunkvoll auch der Grabstein, ständig von frischen Blumen geschmückt.

Bewunderer aus aller Welt lassen sich in Pose fotografieren: Erinnerung an eine politische Wallfahrt.

Eine Büste am Eingang lässt die Besucher bewundernd aufschauen. Und immer, wenn die Lobpreisungen auf die Weisheit und Schönheit des früheren Staatsmannes eine unsichtbare Schwelle überschreiten, hört man trotz des Gemurmels, wie die Blätter des jungen Bäumchens an seinem Grab herausfordernd rauschen:
"Seht zu mir! Ich bin aus seiner Substanz."











Donnerstag, 12. Juli 2012

Arbeiterwohnheim im Lauchagrund 1981

(1981; aufgeschrieben 07/2012)

Da standen sie nun, die zwei Neubauten im Lauchagrund, im Nichts.
Auf dem Weg dort hin musste man am meist rauschenden, stets anders farbigen und immer anders stinkenden Bach vorbei.
Hieß der vielleicht Laucha?
War das ein geheimer Entsorgungskanal in die Saale?

Man war jedenfalls nicht weit weg vom Arbeitsplatz, wenn man in der schönen Einraumwohnung mit Küchenzeile war, die man sich noch mit mindestens einem anderen Bunawerktätigen teilen musste.
Früh noch im Bett, weil gerade aus der Nachtschicht gekommen, erlebte man hin und wieder eine "Zimmerkontrolle". Angeblich ging es um den Brandschutz, nicht um Schnüffelei. Kippen im Mülleimer und so.
Ja, die Heimleitung kannte meinen Schichtplan nicht, da ich quasi oft als "Springer" zwischen Tagschicht (7:15 bis 16:45 Uhr) und 12-Stunden-Wechselschicht (6:00 bis 18:00 oder 18:00 bis 6:00 Uhr) hin und her hüpfte...

Arbeiterwohnheim!
Das war jedenfalls ganz anders als das "Studentenwohnheim".
Hier war man ganz und gar fremd, sehr einsam, hatte weder Aufgaben, noch Belegarbeiten zu schreiben. Kein kollektives Pauken und Feiern, ...nur Alkohol, der den Alltag, das Nichts, vernebelte und auch die Träume hin und wieder verschleierte.
Eine z. B. hatte immer eine fertig gepackte Reisetasche, falls ihr Prinz (ein Kraftfahrer, der regelmäßig den Flüssigsauerstoff aus der Lindeanlage abholte) sie irgendwann irgendwohin mitnehmen würde...

Und dann war da doch wieder nur Sternburg Hell, mindestens 'n ganzer Kasten, und manchmal 'ne Pulle Kumpeltod - keine Ahnung, woher die kam.

Neuer Tag: Nach der Schicht Duschen im Werk und nochmal Duschen im Wohnheim. Man hatte etwas abzuwaschen.
Anziehen. Ab in die Spur!
"Alchimistenfalle" oder "Wirtschaft" oder "Wärmetauscher" oder oder oder.
Mit dem Dienstrad ging es die paar Kilometer nach Merseburg.
Selten Erinnerung an den Rückweg.
Manchmal auch wundersames Erwachen ...irgendwo, aber immer nirgendwo.

Wieder Schicht.
Wachhalten mit Wasserschlacht: 13-Meter-Bühne mit Destillat gegen 6-Meter-Bühne Feuerwehrschlauch. Höhenvorteil gegen Wasserdruck.
...Wasserdruck hat meist gewonnen.

Duschen und Haarewaschen mit Sulfopon® - nichts schäumte besser, und irgend woher muss ja die heutige Glatze stammen.
Übergabe, Schichtende, X50, Sternburg Hell.
Manchmal auch Lauchagrund mit dieser oder jener, oder mit dieser und jener.
Morgens immer Spezialtoast mit Rauchsalami und irgend einem Käse.
Dieses kulinarische Ereignis sprach sich sogar rum...

Irgendwann Rumsitzen auf'm Kasten Bier, G-Moll-Mundi dabei. Einer holt noch 'ne Gitarre. Blues.
Blues der spontanen Art. Nicht perfekt, wenig melodisch, überhaupt nicht synchron, trotzdem schön.

Daraus wird ein Bluesklub!
Du übernimmst die Kellerschlüssel, ick kümmere mich immer ums Bier.

Nach Feierabend Bier und Musik im Lauchagrund - mindestens zwei Niveaunoten über dem Standard. Mundi und Summen statt halbanonymes Kuscheln und Grapschen im Fernsehraum, Bier und Gitarre anstatt in der einzigen Kneipe in Schkopau vom Stuhl zu fallen.
...sogar drei Niveaunoten besser.

Gäste kommen. Heimbewohner kommen, und nicht nur des Bierkastens wegen.
"Ach, Du bist beim Betriebsschutz!? Hab' Dich bestimmt schon mal in Uniform rumlaufen sehen...".
"Nee, Pelzerhemden gibt es im Moment nur im Karbid. Kannst aber eins von mir abhaben."
"Gibste mir mal die Klampfe rüber?"
"Könntest mal wieder Pflaumenmus und Ketschup aus Berlin mitbringen ...und Cabinet."
"Spee gekörnt soll es da ja immer geben."
Sternburg, Blues, Quatschen. Jemand schenkt mir die Deep Purple in der Royal Albert Hall.
Sternburg. Quatschen. Manche tanzen sogar.



Zwei Wochen später wurde der Klub, der ja noch gar nicht richtig existierte "geschlossen". Der eine Kellerraum wurde uns wieder weggenommen, weil angeblich die Klubkasse gestohlen worden war. Welche Klubkasse?
So etwas hatten wir überhaupt nicht.

Der Buna-Blues-Klub im Lauchagrund starb lautlos, und genau heute, am "Goldenen Bühnenjubiläum" der Stones, über dreißig Jahre danach, finde ich bei GoogleMaps nicht einmal mehr die beiden Wohnheimbauten...

Freitag, 22. Juni 2012

Die Plus-Variante

(11/1983 aus "Die Treppe ins Jenseits")

Zwei Wochen hatte er sich schon am Institut bereithalten müssen, wartend auf die Zulassung zum Reaktionstest. Die Zeit verbrachte er mit Lernen. Er trieb Sport oder hörte im Sphärensaal die herrlichsten Konzerte.
Jetzt wurde er endlich ins Examen gerufen, ganz plötzlich, ohne Einstimmphase...

Der Eignungstest begann für Klaus F. sehr vielversprechend; es wurde eine Situation simuliert, die er oft gedanklich durchgespielt hat, Havarie in einem Erdöldestillationskomplex mit Brandfolge.

Für einen kurzen Moment jagten seine Gedanken alten Erinnerungen nach. Er sah sich am Schreibtisch sitzen, das grübelnde Gesicht dicht über Berechnungsblätter und Skizzen gebeugt; sein Sohn spielte viel zu laut, seine Frau verrichtete mürrisch, weil allein, die Hausarbeit.
Stress für alle Beteiligten, böse Worte...

F. konzentrierte sich wieder auf seine Prüfung. Zuerst veranlasste er die Separierung der Gefahrenzone, gleichzeitig alarmierte er die Feuerwehr und berief einen Krisenstab.
Während der Dialoge mit dem Computer gewann er mehr und mehr seien innere Ruhe zurück. Er war jetzt ganz auf dieses Spielchen eingestellt...

Der Brand hatte sich ausgebreitet.

Teilweise leckten schon Leitungen an der Hochdruckkolonne. Was war zu tun? Der Simulator gab die Empfehlung zum Ausfahren des Prozesses. Sofort verkrampfte sich seine Muskulatur, als fühle er die Unstimmigkeit dieser Variante körperlich, und als wolle er diese abwehren.
Seine Gedanken gingen aber auch diese Möglichkeit durch. Emotionslos registrierte der Computer einen Druckabfall in der Kolonne, das Durchschlagen der Flammen, eine gewaltige Explosion, verheerende Verwüstungen.
Klaus F. entschied sich gegen diese Vorgehensweise.

Wieder gab ihm ein Jemand als innere Stimme einen neuen Vorschlag ein.
F. durchdachte mögliche Folgen, überlegte, ...verwarf.

Druck! In elektrische Impulse umgewandelte Bioströme durcheilten den Apparat, wurden in reservierten Speicherplätzen gesammelt.
Druck! Mehr Druck! Der Rechner registrierte eine gesteigerte Gedankenintensität.
Klaus F. zitterte. Schweißperlen bedeckten seine Stirn. Seine Kleidung war ohnehin durchnässt...
Er sah die Flammen größer werden und stellte erleichtert fest, dass die akute Gefahr des Durchschlagens gebannt war.

CR-04 registrierte nun alle Reaktionen und speicherte. Zehntel später registrierte er gleiche Signale über Eingang 024, dann von 130. In dieser Frage bestand also Übereinstimmung bei mindestens drei Kanälen. Laut dem vorgegebenen Programm wurde wurde diese Variante jetzt im Klartext im Konferenzraum aufgezeigt:

HD-Kolonne Pos. 1.602 +++ 10 % Druckerhöhung - Plus-Variante 3 +++ Indifferent 2 - Korrektur - Plus-Variante 4 +++ Indifferent 0 - Minus-Variante 1 +++ Umschaltung auf Informationscode 02 +++ Stop

Klaus F. suchte gedanklich schon nach entsprechenden Löschmaßnahmen, als der Simulator selbsttätig die Bildschirme mit Temperatur-Druck-Kurven und Stahlversprödungsangaben abschaltete.
Erschöpft sank er in den Sessel.
Durchgefallen?

Die Kabinentür wurde geöffnet. Durch die halbgeschlossenen Lider erkannte er hellgekleidete Gestalten, die ihm Elektroden entfernten, Riemen lösten.
Parallel dazu wurde der Druck in der Kolonne 1.602 um 4.5 MPa erhöht, während der Rechner nun Informationen von Feuerlöschexperten sammelte und verglich...

Montag, 16. April 2012

Under construction

Der Beitrag, der hier erscheinen wird, ist noch nicht ausgedacht. Deshalb der diskrete Hinweis 'Under construction'. Ich hoffe aber, dass mir irgendwas nicht ganz Uninteressantes relativ zeitnah einfallen wird.

...nur zu welchem Thema?
Es ist also eine Überraschung - auch für mich.

Dienstag, 13. März 2012

Die schlaueste Katze der Welt


(03/2012)

Ich durfte die schlaueste Katze der Welt kennen lernen.
Ohne Quatsch!

Herr Feli, der des Miaus nicht mächtig ist (seine Krächzen ähnelt eher dem Hochzeitsruf der Taube), wurde einst in einer Kammer eingesperrt.
Katzenneugier.

Wir suchten den ganzen Tag nach ihm. Fast überall.
Er tat in seiner Kammer, die zum Glück den Sicherungskasten des Gebäudes enthielt, das einzig Richtige. Er zog die Sicherung des Zimmerlichtes...

Wir mussten in den Nebenraum, und er wurde befreit.
Genial ausgedacht!

Natürlich halten Genies immer etwas Abstand voneinander, existiert doch außerdem diese unvermeidliche Konkurrenz zwischen Mann und Katze.
Sagt die holde Gattin: "Dein Bart könnte mal wieder etwas gestutzt werden!", wird im selben Moment der Katze der Rücken gekrault, nicht ohne Hinweis auf die ach so hübschen Schnurrhaare...
Die Welt ist eben ungerecht und so mancher Tritt aus dem Hinterhalt ist ganz sicher darauf zurückzuführen.
Manche gelbe Pfütze aber auch - auf der Gegenseite.

Nun ja, kürzlich fiel ihm ein Reißzahn aus, welch peinliche Schmach.
Einfach so.
Altersbedingt.
Und seit dem ist die schlaueste Katze der Welt ziemlich kleinlaut.
Jedenfalls gibt es dieses stolze Gähnen nicht mehr.
...höchstens ganz zurückhaltend, weggedreht oder aber hinter vorgehaltener Pfote.

Ganz schön schlau, dieser Herr Feli.
Und ich weiß nun gar nicht, ob ich schadenfroh sein soll.
Lieber nicht...

Mittwoch, 22. Februar 2012

Gasmaskentasche statt Hirschbeutel

(02/2012)

Erinnerungen eines Trampers

Na ja, 'n Hirschbeutel hatte ich erstmals bei meinen langhaarigen Kindern gesehen. Wusste auch überhaupt nicht, dass der in der DDR Szeneutensil war.
Ist aber auch kein Wunder, denn die echten Jeans, am Knie zerrissen, unten ausgefranst, für meine Besuche bei der Neuapostolischen Kirche und danach im Russenmagazin, musste ich mir sowieso borgen.
Wo fängt eigentlich der Habenichts an?
Hatte nichts und habe nichts!

Die erste eigenen Jeans (wohl aus Brasilien) kaufte ich in Ungarn auf dem besonderen Markt, auf dem Hunde und Polizisten keinen Zutritt hatten. Jahre später wurde aus der Hose dann ein Weste...
Shell-Parka? Fehlanzeige. Stattdessen gab es eine schwarz eingefärbte Flecktarnjacke aus NVA-Beständen, die nach jedem Waschen mehr und mehr Schwarz verlor. Sternburg Hell und die Karo wurden in einer sowjetischen Gasmaskentasche rumgetragen, ehe die mal in einem Moskwitsch liegen blieb.

Getrampt wurde überall. Sogar auf den (leeren) Autobahnen oder Auffahrten.
Nach dem Aufgabeln durch die Polente ging es dann auch mal mit 135 zur nächsten Raststätte.
Einmal musste eine Mark Ordnungsgebühr bezahlt werden. Bestimmt hat der Wachtmeister danach die aufgenommenen Personalien weggeworfen. Danke.

Lenin wurde verehrt, und dafür wurde ans Mig-15-Denkmal gepinkelt. Ausgleichende Gerechtigkeit?
Es hat niemand gesehen, nichtmal einer vom Regiment von nebenan.

Apropos Russen, also Freunde oder besser, Brüder (Brüder kann man sich nämlich nicht aussuchen), die haben einen sogar mitgenommen, wenn es geregnet hat. Die hatten keine Angst, dass die Polster nass würden.
Und danach hatte man auch drei Tage wieder was zu rauchen: Machorka der allerfeinsten Sorte. Jedenfalls für jemanden, der neben Karo (MDN 1,60) nur Caney (MDN 2,50) und Ligeros (Die Leichten, MDN 2,-) kannte. Die letztgenannten Sorten gab es allerdings nur im Havanna-Laden unter den Linden.

Noch schnell eine Konzertkritik.
Ja, seit 1974 schuldet mir die Fischer noch ein Konzert. Das fand wohl im Schlosshof in Merseburg statt. Aber wegen der geplanten Lichtshow wurde lange gewartet. Wirklich sehr lange.
Leider zu lange für mich, der pünktlich 23:00 Uhr wieder im Internat zu sein hatte.
Ich nehm's ihr wirklich übel, auch wenn ich sie danach noch mal in X50, dem Bunaklubhaus, hören und sehen durfte!
Noch mehr ärgert mich aber, dass sie erst in die Partei wollte (Die Junge Welt hatte ausführlich über die Kandidatenaufgaben berichtet) und kurz danach in den Westen gegangen ist.
Aber auch dieses Ereignis prägte.

Auch wenn ich meinen Enkeln den Traumzauberbaum vorspiele, muss ich immer noch daran denken.
...und wenn ich mal wieder Zeit habe, erzähle ich von den zwei Wochen der Bluesgemeinde im Bunawohnheim im Lauchagrund 1981.
Das war auch so ein Ding.
Könn'se mir glauben!
Naja, bei meinem alten Pelzerhemd muss ich jedenfalls inzwischen die Ärmel hochkrempeln. Die sind einfach zu kurz geworden...